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Auf den Ernstfall muss man vorbereitet sein. Jederzeit kann es zum Äußersten kommen. Nie darf man in seiner Wachsamkeit nachlassen. Besonders dann, wenn nichts passiert – und sich immer häufiger die nagende Frage stellt, ob es überhaupt etwas zu bewachen gibt.

Mit Tests und Übungen, mit übertriebenen Kontrollen und ständiger Aufrüstung ihres Equipments versuchen die Wachfrauen Sunny und Roswitha an ihrer Sicherheitsschleuse einen etwaigen Schwachpunkt, einen feindlichen Eindringling, eine “weiche Stelle“ gar nicht erst zuzulassen. Alles muss dem Schutz der Unternehmung jenseits der Übertretungslinie - der Präsidentin, der Erdung, dem Fortschritt - geopfert werden: auch das Persönliche. Da machen die Wachfrauen auch bei Wolfinger, der zutrittsbefugt ist, keine Ausnahme: Erst Leibesvisitation, dann wird die Linie freigegeben! Selbst raffinierteste Sicherheits-Gadgets wie die Mundmuskelmaske mit Scannerfunktion oder der “Securitree“ mit eingebauten Kamera-Äpfeln, die Wolfinger Sunny und Roswitha liefert, halten die beiden nicht von ihrem Auftrag ab, so gewissenhaft wie möglich zu kontrollieren und Gefahren aufzuspüren. Im Gegenteil: mit seinen kleinen Flirtversuchen macht Wolfinger sich gerade bei Sunny äußerst verdächtig; ihrer eigenen Zuneigung für Wolfinger begegnet sie wiederum mit höchst professioneller Unterdrückung. Als schließlich auch noch ein Aktivist, der gegen die Firmenpolitik skandiert, die Sicherheitsabsperrung durchbricht und Sunny und Roswitha mit Farbbeuteln bewirft, nimmt Sunny die Fährte gegen Wolfinger auf. Versteckt sich hinter dem Eindringling in Wirklichkeit womöglich eine von Wolfinger bestellte Testperson, die ihre “Dissidenz-Resistenz“ überprüfen und ihnen neue Farbe für die verblasste Sicherheitslinie liefern sollte? Und wenn ja, was will Wolfinger ihnen damit mitteilen? Aus Skepsis wird Paranoia: Wolfinger will Sunny in jeder Hinsicht nicht aus dem Kopf – und wird zur Bedrohung. Als sie dann auch noch die Mundmuskelmaske an Roswitha testet, erfährt Sunny, dass Roswitha und Wolfinger ohne ihr Wissen ein Feierabend-Bier trinken waren. Die Maske, die von Roswithas Lippen und Wangen ablesen kann, was sie in den letzten Wochen gesagt hat, offenbart auch eine Reihe verfänglicher Sätze, die Sunny so interpretiert, dass Wolfinger eine mögliche innere Gefahrenstelle sein könnte. Drastisch und kompromisslos zieht Sunny daraus ihre Schlüsse: Sie kann ihrer Freundin und Kollegin nicht mehr vertrauen und Wolfinger muss schnellstmöglich eliminiert werden. Roswitha bleibt nichts anderes übrig, als Sunnys Zweifel an ihrer Loyalität todsicher zu entkräften...

Mit SUNNY & ROSWITHA hat Katharina Adler ein Stück geschrieben, das auf kluge und unterhaltsame Weise den Sicherheitsfetisch unserer Tage ironisiert. Zugespitzt auf eine kuriose Dreiecksbeziehung, gerinnen die gängigen von willkürlichen Bedrohungen angefachten Strohfeuer-Debatten und -Maßnahmen zur Sicherheit zu einem Drama des Privaten.

Zu diesem Stück gibt es eine PDF-Datei
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Autor

Katharina Adler

Katharina Adler wurde 1980 in München geboren, studierte Amerikanische Literaturgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München und anschließend am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. ...