Inhalt

Wir schreiben das Jahr 2043. Das Internet ist überbevölkert und überreguliert, die Grenzen zur Realität haben sich weitgehend aufgelöst. Zwei Frauen und einem Mann, Brigina Adelman, Rochade Cap Jumelle und Eddy Gorleck, wird ein öffentlichkeitswirksamer Prozeß gemacht. Die Anklage lautet auf Gründung einer zivilterroristischen Bewegung. Das Urteil: 17 mal lebenslänglich. In Rückblenden, die bis in die frühen 1980er Jahre zurückreichen, erzählt Marcel Luxinger vom Leben, wie wir es kannten. Entlang der Biographien seiner Protagonisten hat sich eine Welt entwickelt, die unserer Gegenwart entsprungen scheint und uns doch so unendlich fremd geworden ist. Was wir kannten, erkennen wir – nicht ohne Schrecken – wieder. Wo alles begann, ist ungewiß. Was ist passiert mit Brigina, die sich bereits als sechsjähriges Mädchen derart den Gesetzen des Marktes verpflichtet sah, daß sie schon wenige Jahre später Geschäftsbeziehungen mit dem amerikanischen Vizepräsidenten unterhielt? Oder mit Rochade, Gründerin und Idol der globalen Jugendbewegung La Force? Und schließlich Eddy, der, von einem lesbischen Paar aufgezogen, seine ausgewachsene Bibliophobie im Kloster zu kurieren suchte? Soviel ist klar: Bei allen Unterschieden gibt es einen Ort, an dem die drei Lebenswege einander kreuzten – das CINCIN Institute for Cybernetic Implants and Neuro-Cerebral Intel-Nivellization. Was hat Brigina, Rochade und Eddy von dort an in den Untergrund und dann auf die Anklagebank geführt? Das Urteil jedenfalls ermöglicht unseren drei Helden fortan nur noch eine Existenz im Virtuellen. Der Entschluß reift, sich ein letztes Mal gegen die Ordnungsmacht aufzulehnen und dem System ihren freien Willen aufzudrücken. Marcel Luxinger unternimmt nichts Geringeres als den Versuch, das Schicksal des modernen Menschen vom Ende des 20. Jahrhunderts an fortzuschreiben. Er entwirft dabei eine sich über sechs Jahrzehnte entwickelnde Hyper-Realität, in der ihm die Unglaublichkeit gelingt, das Tatsächliche oder das, was man gemeinhin dafür hält, fiktional weiterzuentwickeln – die Welt, die dabei entsteht, erscheint auf eine höchst irritierende Art und Weise glaubwürdig. Hier werden weder trockene Theoreme verhandelt noch halbgare Science Fiction-Gelüste bedient. Wer das Theater des Marcel Luxinger imaginieren möchte, stelle sich einfach vor, René Pollesch würde das Stadttheater in Homer Simpsons Springfield leiten. Luxingers Hyper-Realität, in der die Zeitgeschichte und ihre Mutationen einander wie die Aasgeier umkreisen, ist detailbesessen, unberechenbar komplex, unverfroren, ungeheuer komisch, bunt und böse – bedrohlich vielfältig und unbeschreiblich wie die Welt von morgen.

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Autor

Marcel Luxinger

Autor, Dramaturg und Regisseur. In Zürich geboren und aufgewachsen, Abitur und Studium (Rechtswissenschaften), danach Werbetexter. Erste eigene Theater-Projekte in Zürich und Hamburg, ab 2001 in Berlin. ...