Inhalt
November 2006. Der russische Dissident und Ex-Geheimdienstler Alexander Litwinenko, soeben in Großbritannien eingebürgert, trinkt in einem Londoner Hotel eine Tasse mit radioaktivem Polonium vergifteten Tee und stirbt wenige Wochen später. Ein Foto von ihm kurz vor seinem Tod im Krankenhausbett, durch die Strahlenvergiftung kahlköpfig und ohne Augenbrauen, die Brust voller Elektroden, direkter Blick in die Kamera, geht um die Welt.
Dieses unverfrorene russische Attentat auf britischem Boden und seine Aufklärung durch die britischen Ermittlungsbehörden rekonstruiert der ehemalige Moskau-Korrespondent des Guardian Luke Harding in seinem Buch „Ein sehr teures Gift“. Es zeigt, wie der Mord an Litwinenko die Morde an anderen Kreml-Kritikern vorwegnahm und wie jene Kette von Korruption und Tod direkt zu Wladimir Putin führt.
Obwohl Prebble in ihrer Adaption präzise Litwinenkos Vorgeschichte in Russland, seine wiederholten Begegnungen mit Putins Machtapparat sowie die Wege der Attentäter beleuchtet, ist das Stück alles andere als trockenes Dokumentartheater.
Ähnlich wie in ENRON zieht Lucy Prebble hier sämtliche Register des Theaters und bietet dabei für britische Stücke ungewohnte Möglichkeiten für Regie und Spieler*innen: EXTREM TEURES GIFT ist ein atemloser Politthriller, in dem ein Ex-Spion im Wettlauf gegen die Zeit seinen eigenen Mord aufzuklären versucht, eine skurrile Farce mit slapstickhaften Elementen um russische Bösewichte, ein Spiel im ganzen Theaterraum, wo Putin im wahrsten Sinne des Wortes die Puppen dirigiert und zur Ablenkung vom Mord schon mal eine große Show auf die Bühne bringt, stehen neben der sensiblen und anrührenden Darstellung der Beziehung zwischen Litwinenko und seiner Frau Marina, die vergeblich versucht, die Mörder ihres Mannes zur Rechenschaft zu ziehen.
Die wechselnden Stile, die bewusste Ausstellung von Theatralität und sich widersprechende Darstellungen brechen dabei eine lineare Erzählweise bewusst auf. So entsteht eine intelligente Meta-Ebene, auf der konstant Fragen zum Geschichtenerzählen verhandelt werden, die uns in einer „post-faktischen“ Welt intensiv beschäftigen.
Bitte loggen Sie sich hier ein um die Datei herunterzuladen
Autor
Lucy Prebble ist eine der erfolgreichsten und ungewöhnlichsten Dramatikerinnen und Drehbuchautorinnen Großbritanniens und bekannt für ihre Bearbeitungen von Schlüsselereignissen der ...
Nachrichten
DSE von EXTREM TEURES GIFT in Wien
DSE am Burgtheater - Lucy Prebbles Stück EXTREM TEURES GIFT um Litwinenko-Mord deutschsprachig erstaufgeführt.
Mehr"Russische Lektionen" in Wien
Rahmenprogramm zur DSE von EXTREM TEURES GIFT im Burgtheater: Marina Litwinenko, die Witwe des ermordeten russischen Dissidenten, im Gespräch.
Mehr