Inhalt

Der Mythos der großen proletarischen Revolution in der fernen Sowjetunion hat zehn Jahre lang dem Kleinbürger Pio die Füße unter dem Mittagstisch der Familie Ancizar gewärmt. Die älteste Tochter Maria Luisa konnte er mit der Zwangsvorstellung hinhalten, dass das Recht auf privates Glück nur im allgemeinen gesellschaftlichen Glück wurzeln darf, sich für sie also erst weit weg von Caracas, auf einer Kolchose in der Ukraine, in der UdSSR des Genossen Stalin einlösen kann.
Am lang ersehnten Tag des Aufbruchs, als Caracas im Gardel-Fieber taumelt, demaskiert sich dieser Revolutionsmythos als verlogene Illusion, von der nichts bleibt als eine rote Fahne zwischen den Unterhosen und Socken in Pios hinterlassenem Koffer, während der wetterleuchtende Glanz des umjubelten Tangokönigs Gardel den schäbig gewordenen Familienruhm eine Nacht lang erhellt und die vertrockneten Sehnsüchte der drei alternden Frauen zum Aufflammen bringt.

Autor

José Ignacio Cabrujas

Cabrujas wurde 1937 in Venezuela geboren. Obwohl er seit der Lektüre von Victor Hugos LES MISERABLES in seiner Jugend wusste, dass er Schriftsteller werden wollte, begann er zunächst ein Studium der ...