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Kaster ist Arzt, Diagnostiker, die Spürnase verborgenster Krankheiten, ein Sherlock Holmes penibelster Diagnosen. Seine Diagnosen sind berüchtigt, die drakonischsten im ganzen Klinikum. Er ist ein Meister der Krankheitsbestimmungen, auch der Krankheitsahnungen, wo sich andere noch ahnungslos gebärden. Er sichtet Röntgenbilder und beobachtet Patienten: zum Beispiel Victor, ein harmloser Blinddarmpatient. Sein auffälliger Gang sticht Kaster sogleich ins Auge. Und Kaster ordnet Untersuchung um Untersuchung an – der Beginn eines überbordenden Szenarios sich immer weiter steigernder Diagnosen und Befunde. Bald kann Victor nicht mehr zwischen Befund und Befinden unterscheiden. Hinkend bewegt er sich umher, zwischen Wahn und Wirklichkeit, postuliertem Gesund- und überführtem Kranksein, zwischen Unterwürfigkeit und Aufsässigkeit – all das in einer Stadt, die keine Klinik, sondern vielmehr ein allumfassendes Klinikum hat und eine Klinik- und Krankenstadt ist.

„Kaster“, das ist Kafkas „Schloss“ in der Welt von Ärzten und Kliniken, Diagnosen und Untersuchungen, über die Kaster sagt: „Jede Untersuchung ist eine noch aufwendigere Stufe eines Steigerungsprozesses, bei dem jede einzelne Stufe eine Revision eines bestehenden Verdachts in Aussicht stellt, aber natürlich nicht einhält, und so weiter und so fort ..., in Analogie zum Revisionsverfahren bei Gericht. Man ruft die jeweils höhere Instanz des Rechts an, in der Hoffnung, ein erlittenes Unrecht auf höherer Ebene zu revidieren, das in Wahrheit auf immer höherer Ebene immer fester statuiert wird.“

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