Neuheiten Bühne

DER PROZESS

von Franz Kafka in einer Theaterfassung von Kerstin Ortmeier und Gerhard Roiß

Bes. variabel - Wechseldek.

UA: 13.2.2016, Theater im Bauturm, Köln

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Inhalt

"Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet." (Der Prozess)

An seinem dreißigsten Geburtstag wird der Bankprokurist Josef K verhaftet. Er ist sich keiner Schuld bewusst und darf sich trotz seiner Festnahme frei bewegen und seiner Arbeit nachgehen. Vergeblich versucht er herauszufinden, weshalb er angeklagt wurde. Das Gericht, welches sich auf den Dachböden großer ärmlicher Mietskasernen befindet, ist für ihn nicht wirklich greifbar. Je mehr er es zu verstehen versucht, desto mehr verwickelt er sich in ein Gestrüpp undurchschaubarer Gesetze und menschlicher Verwirrungen. Immer tiefer dringt er in die Welt des Gerichts ein, die sich jeglicher Sinnhaftigkeit zu entziehen scheint und beschäftigt sich fast ausschließlich nur noch mit seinem Fall. Doch der Prozess schreitet kaum voran…

K.‘s Lebens- und Arbeitswelt mutiert zu einem alptraumhaften, ausweglosen Labyrinth. Inneres und Äußeres vermischen sich in Kafkas Romanfragment: fantastisch-realistische, aber auch allegorisch-psychologische Ebenen entstehen. "Macht" und "Schuld" werden zu zentralen Themen, die sich auf unsere heutige Zeit übertragen lassen. Welchem Urteil wird sich Joseph K. unterwerfen müssen?

Die Autoren geben in ihrer Bühnenadaption der Komplexität der verschiedenen Interpretationsansätze von Kafkas Romanfragment Raum. Gleichzeitig erweitern sie diese um einen sehr zeitgemäßen, gesellschaftspolitisch-psychologischen Ansatz und zeigen damit das geradezu visionäre Potential von Kafkas Werk auf: Denn im Zentrum der Macht steht in der kapitalistischen, neoliberalen Welt nicht mehr die Unterdrückung und körperliche Bedrohung wie einst in der Disziplinargesellschaft, sondern sie definiert sich nunmehr als Verführer und baut auf den freien Willen. Überwachung weicht einer Selbstüberwachung, Kontrolle geht über in Selbstkontrolle, Ausbeutung funktioniert als Selbstausbeutung. Das Credo des selbst auferlegten Leistungs- und Optimierungszwanges ist das smarte Gesicht der Macht und der ‚unfreien‘ Freiheit. Statt Menschen gefügig zu machen, macht sie sie abhängig in einem System, das Kritik zulässt, aber keinen tatsächlichen Widerstand ermöglicht. So bildet das Individuum Herrschaftszusammenhänge in sich ab, ohne sich darüber im vollen Bewusstsein zu befinden. Und so gibt es auch für K. kein Entrinnen.

Das Stück wurde in der Produktion des Kölner "Theater im Bauturm" zu den Hamburger Privattheatertagen 2016 eingeladen und für den Monica Bleibtreu Preis nominiert - zudem wurde es auch zu den Heidelberger Theatertagen 2016 eingeladen und erhielt eine Nominierung für den 19. HEIDELBERGER THEATERPREIS.