Neuheiten Bühne

DER JUNGE AUS DER LETZTEN REIHE

(El chico de la última fila)

von Juan Mayorga

Deutsch von Stefanie Gerhold

Stück

2D - 4H - Wechseldek.

DSE: 7.11.2014, Staatstheater Wiesbaden

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Inhalt

Germán ist ein erfahrener Gymnasiallehrer für Sprache und Literatur und ist seit Jahren tief frustriert von der mangelnden Ausdrucksfähigkeit und Motivation seiner Schüler. Der einzige in der neuen Klasse, der aus der Masse heraussticht, ist Claudio, ein sonst unauffälliger, stiller Junge aus der letzten Reihe. In einem Aufsatz über sein letztes Wochenende erzählt er anschaulich, wie er sich bei seinem Mitschüler Rafa als Nachhilfelehrer für Mathematik einschleicht. Verstörend genau beschreibt er seine Faszination für die vermeintlich heile Familienwelt und macht keinen Hehl aus seinen voyeuristischen Motiven. Germáns Frau Juana rät ihm, den Vorfall direkt zu melden, doch Germán ist fasziniert: Endlich ein begabter Schüler; einer, den er fördern, für Literatur begeistern kann – und der vielleicht Germáns eigenen Jugendtraum vom Schreiben wird leben können. Er ermutigt Claudio in regelmäßigen Sitzungen nach den Unterrichtsstunden weiter zu schreiben. Und dieser nistet sich immer mehr in Rafas Familie ein. In seinen Texten seziert er, der selbst ohne Mutter aufgewachsen ist und zuhause seinen kranken Vater pflegen muss, die für ihn fremde, Welt der bürgerlichen Mittelklasse mit einem erschreckend kalten Blick, der jeden Riss in der nach außen perfekten Familienfassade mit Genugtuung bloßlegt.

Spätestens als Claudio eines Tages von Germán fordert, die Mathematikklausur eines Kollegen zu besorgen, damit Rafa nicht durchfällt und Claudio weiter in der Familie ein- und ausgehen und darüber schreiben kann, wird deutlich, wie sehr sich die Machtverhältnisse mittlerweile umgekehrt haben und wie tief die beiden längst in den Sog der Geschichte geraten sind. Beschreibt Claudio noch, was in Rafas Haus vor sich geht, oder ist er längst eine Art Puppenspieler geworden, der durch sein Schreiben bestimmt, was dort passiert?

Die Unmöglichkeit, zwischen Realität und Fiktion klar zu trennen, wird im klugen Aufbau des Stückes gespiegelt: Durch virtuos ineinander verwobene Szenen verschwimmen die Grenzen, und der Zuschauer muss von mal zu mal selbst entscheiden, auf welcher Ebene er das Gesehene einordnet.

Im Jahr 2012 wurde das Stück durch François Ozon verfilmt. Der Film mit dem Titel DANS LA MAISON (dt. IN IHREM HAUS) bekam auch in Deutschland ausgezeichnete Kritiken.

Zu diesem Stück gibt es eine PDF-Datei
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