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Das Mitspiel SCHERENSCHNITT von Paul Pörtner jezt in SHANGHAI
Bei SCHERENSCHNITT können sich alle Zuschauer beteiligen, ob Taxifahrer oder Professor, und begeistert tun sie es - und so wurde das Mitspiel des Wuppertaler Autors PAUL PÖRTNER weltweit das meistgespielte deutschsprachige Theaterstück der Nachkriegszeit.
Wie funktioniert es? Was will der mit allen Theatertheorien bestens vertraute Autor erreichen? Vornehmlich liegt ihm daran, das ganze Spektrum des Könnens der Schauspieler zum Leuchten zu bringen.
Im ersten Teil gibt es eine klare Handlung in einem Friseursalon, mit sechs Figuren in fest umschriebenen, kleinen oder großen Rollen. Mit dem Mord einer Pianistin im Hintergrund des Salons bricht das dramatische Gefüge jedoch in sich zusammen und im zweiten Teil nimmt das Publikum als Zeuge das bisherige Geschehen unter die Lupe, haarklein.Nun sind die Schauspieler als Performer gefragt. Pörtner gibt ihnen die Chance zur eigenen Improvisation, bei der Verteidigung ihrer jeweiligen Unschuld oder beim Eingeständnis ihrer Schuld als Mörder, und in der Position des Performers eröffnet sich allen Darstellern die Möglichkeit, den Kampf um die markanteste Theaterrolle zu gewinnen, die des Mörders. Über den Sieg wird am Ende abgestimmt.
Pörtner gehört zu den ersten Autoren, die die vierte Wand, die zwischen Bühne und Publikum, durchbrechen. Schon dieses Phänomen weist ihn als kühnen, experimentellen Bühnenautor aus. Zudem aber stellt stellt er nicht einfach die Struktur eines Krimis in Frage – „oder: der Mörder sind Sie“, lautet der Untertitel -, sondern liefert auf der Metaebene mit der formalen Struktur seines Stücks zugleich einen Beitrag zum postdramatischen Diskurs - und das unterhaltsam.
Es ließe sich noch vieles mehr von diesem Text sagen, der nicht spannend zu lesen ist (da mit Erläuterungen versehen), dafür aber vor Leben sprühen kann auf der Bühne . Die Geschichte seines Erfolgs in 28 Ländern beweist es. Eines aber müssen alle Mitwirkenden – vom Regisseur bis zu den Darstellern – mitbringen: eine tolle Liebe zum Theaterspielen. Der Inhalt ist jeden Abend anders. Die Macher haben es in der Hand, ob mehr gelacht, mehr wie im Kabarett kritisiert, oder mehr geweint wird.
Unter dem Titel DERNIER COUP DE CISEAUX läuft SCHERENSCHNITT z.B. im nahe gelegenen Paris, im Théâtre des Mathurins, seit 11 Spielzeiten in mehr als zweitausend Aufführungen. Also hin! Ein hochkarätiges, anregendes Vergnügen.