Nachrichten

7.2.2017

Lutz Hübners und Sarah Nemitz' neues Stück WILLKOMMEN, das sich mit der aktuellen Willkommenskultur gegenüber Geflüchteten auseinandersetzt, wurde am 4. Februar 2017  in der Regie von Sönke Wortmann am Düsseldorfer Schauspielhaus uraufgeführt 

Beim WG-Abendessen verkündet Benny die Neuigkeit: Er wird für ein Jahr als Dozent in die USA gehen. Für die Zeit seiner Abwesenheit macht er den Vorschlag, sein Zimmer Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Lutz Hübner und Sarah Nemitz holen die Diskussion über die gesellschaftliche Umordnung ins Wohnzimmer der bürgerlichen Mitte. Wo verläuft unsere Toleranzgrenze? Wie steht es wirklich um die Bereitschaft, die eigene Komfortzone aufzugeben?

"Das Thema 'Willkommenskultur' als Startrampe für eine veritable Komödie, das hat was", schreibt Martin Krumbholz in der Süddeutschen Zeitung (6.2.2017). "Denn wie im richtigen Leben geraten auch auf der Bühne die guten Vorsätze mit menschlichen Schwächen, offenen Rechnungen und allen erdenklichen Egoismen in Konflikt." Man könne den Text des Autorengespanns Lutz Hübner und Sarah Nemitz kaum hoch genug schätzen, so Krumbholz: "Nicht allein, dass fast jeder Satz eine Pointe ist (...), beginnend mit einer genauen Kenntnis des Milieus (...) und einer triftigen Figurenzeichnung (…) – vor allem bewähren Hübner und Nemitz sich im undurchdringlich gewordenen Dschungel der politischen Korrektheit."

Dorothea Marcus erklärt in der Sendung Kultur Heute im Deutschlandfunk (5.2.2017): "Daraus, dass keiner der aufgeklärten, hochintelligenten Menschen , für die wir uns ja alle halten, hier auch nur ansatzweise reflektiert, wie potentiell rassistisch die weiße Herrschafts-Argumentation aus dem sicheren Loft herüberkommt, schöpft das Stück seine Pointen. Und von denen gibt es viele. Perfekt getimt von Sönke Wortmanns Regie regen sie zu vielen Lachern an. Aber die Flüchtlingskomödie "Willkommen" leistet mehr (...)." Das Stück schaffe es tatsächlich, "auf den Punkt zu bringen, in welcher Zwickmühle sich die deutsche Gesellschaft befindet, zwischen moralischem Anspruch und Verteidigung eigener liberaler Werte."

Ähnlich äußert sich Ulrike Gondorf in Dradio Kultur: "Die Falle, in der sich die deutsche Gesellschaft zur Zeit befindet zwischen dem eigenen moralischen Anspruch und pragmatischem Egoismus haben die Autoren Lutz Hübner und Sarah Nemitz präzise nachgebaut." Es werde viel gelacht, und das allein lohne das Stück, da es zu einer klareren Sicht auf die Dinge führe: "ein Thema, das sonst düstere Propheten auf den Plan ruft, die wahlweise den Untergang des Abendlands, der Demokratie, des Rechtsstaats oder des Wohlstands heraufbeschwören, erlebt man als Komödie. Das heißt, aus der Distanz, mit klarem Kopf und mit Vergnügen an den Widersprüchen, die einen sonst beängstigen."

"Uraufführung mit Blockbuster-Potenzial", titelt Dorothee Krings in der Rheinischen Post (6.2.2017). Die Autoren haben "geschickt einen Mikrokosmos gewählt, in dem sich wie unter dem Brennglas die Positionen zur Flüchtlingsfrage durchspielen lassen. Das hat viel Witz, die Figuren sind typisch, aber vielschichtig genug, um keine Karikaturen abzugeben. Es prasselt Pointen, die Dialoge sind schnell und bissig."

Die dpa schreibt, der Text vermittle Hübners Ansatz, zu zeigen, dass jede Figur mit ihrem Standpunkt ihre Berechtigung hat: "Die sechs Schauspieler transportieren das in einer bruchlosen Kollektivleistung, die Lacher auslöst, aber die Glaubwürdigkeit ihrer Figuren nicht für Pointen opfert. Nach der konzentrierten Stimmung im Saal und dem Schlussapplaus zu urteilen, kam diese Leistung beim Premieren-Publikum sehr gut an." (5.2.2017)

"Der Mittelschicht aufs Maul geschaut", so Anna Brockmann in der Westfälischen Rundschau (5.2.2017). Hübner erzähle eine kleine gemeine Geschichte, die Wortmann "mit Herz, Witz und tollen Typen" umsetze. "Die WG der selbstverliebten Yuppies spielt famos. Keiner will Rassist sein, aber irgendwie sind sie es alle."