Vita

Lina Majdalanie wurde 1966 in Beirut geboren. Sie studierte Theater an der Lebanese University in Beirut und der Sorbonne Nouvelle in Paris. Sie hat diverse Stücke geschrieben sowie inszeniert und gespielt, darunter LES CHAISES (1996); OVRIRA (1997); EXTRAIT D'ETAT CIVIL (2000); BIOKHRAPHIA (2002); APPENDICE (2007); I HAD A DREAM, MOM (Video, 2006), SOMEONE MUST HAVE BEEN TELLING LIES ABOUT ME (Video-Installation, 2008), und LINA SANEH BODY P-ARTS PROJECT (website work, 2007, und Installation, 2009).
Im Sommer 2009 waren Lina Majdalanie und Rabih Mroue mit ihrer Arbeit PHOTO-ROMANCE beim Festival in Avignon.

Seit 2000 ist Majdalanie Dozentin am Institut d'Etudes Scéniques et Audio-Visuelles (IESAV) an der Université Saint-Joseph (USJ) in Beirut und der Université Saint-Esprit Kaslik. Sie unterrichtet momentan an der Haute Ecole d'Art et de Design in Genf und arbeitet am International Research Center "Interweaving Performance Cultures" an der Freien Universität in Berlin.

Auszug aus Christopher Schmidts Text "Grenzgänger zwischen den Künsten und Sparten" über Lina Majdalanie und Rabih Mroué in der Zeitschrift "Sprache im technischen Zeitalter“, Dez. 2011: 

"Lina Majdalanie und Rabih Mroue haben sich gleicher­maßen mit Stücken und Performances, Video-Installationen und filmischen Arbeiten hervorgetan. Mittlerweile ist Rabih Mroué der wohl bekannteste libanesische Künstler seiner Generation. Aufgewachsen in den Jahren des Bürgerkrieges im Libanon, studierten sie gemeinsam Theaterwissenschaften an der Universität von Beirut.

Beide sind Autoren, Regisseure und Schauspieler in Personalunion. Sie haben jedoch das traditionelle Sprechtheater hinter sich gelassen, jeder ihrer Bühnenabende, die in Europa bislang vor allem im Rahmen von Festivals, oder an den Münchner Kammerspielen, zu sehen waren, ist immer auch eine Meditation über die Grenzen der Darstellbarkeit und der Versuch, diese Grenzen mit spielerischen Mitteln zu erkunden und durchlässiger zu machen. Im Mittelpunkt steht die Frage nach der Rolle der Kunst und des Künstlers in der Gesellschaft. Es geht bei ihrer Entgrenzung des Theaterbegriffs nicht um ein ebenso selbstverliebtes wie selbstreferentielles Kokettieren im Namen einer zeitgemäßen Postdramatik. Ihre Reflexion auf die formalen Mittel, ihre Skepsis gegenüber allem Illusionismus auf der Bühne, ist vielmehr eminent politisch. Mit ihrem Eintreten für Frieden, Freiheit und Toleranz sind diese engagierten Künstler einer traumatisierten Generation unbequem, weil sie sich von keinem Lager vereinnahmen lassen. Es gehe nicht darum, politische Filme zu machen, sondern den Film politisch zu machen, hat der Regisseur Jean-Luc Godard einmal gesagt. Man könnte diesen Satz für Lina Majdalanie und Rabih Mroue abwandeln, um ihr Werk zu charakterisieren.

Wenn Majdalanie und Mroué als Schauspieler unter ihrem eigenen Namen auf der Bühne stehen oder wenn sie eine fiktionale Ebene etablieren, um sie bereits im nächsten Moment zu unterlaufen, sind das Beispiele für einen partizipativen Kunstbegriff, der den denkenden Schauspieler ebenso einbezieht wie den denkenden Zuschauer. In dieser Hinsicht steht ihre Theaterarbeit für ein Autorenverständnis, wie es im deutschen Theater auch Elfriede Jelinek oder René Pollesch vertreten. Es ist das seltene Glück von inhaltlicher Relevanz und einer ebenso souveränen wie innovativen formalen Durchdringung, das Majdalanies und Mroues Stücken Überzeugungskraft und Dringlichkeit verleiht und der Gegenwartsdramatik neue Impulse geben könnte. Die autonome Kraft der Stücktexte hat sich bereits in Inszenierungen anderer Regisseure erwiesen. (...) Die Welt blickt ebenso angst- wie hoffnungsvoll auf die Revolutionen in den arabischen Ländern. Ob die Demokratisierung sich durchsetzen kann, ist ungewiss. Wann, wenn nicht jetzt, da wir einen freieren  Blick in den Nahen Osten wagen, ist die Zeit, die Stücke von Lina Majdalanie und Rabih Mroué zu spielen?"

STÜCKE